Der Oberbürgermeister spielt sich in der
Region als Verfechter von Bürgernähe auf und verkündet stolz, welchen
Wert er auf Beteiligung der Bürger am kommunalpolitischen Geschehen legt.
Die Wirklichkeit sieht anders aus.
Er nutzt das Instrument der Bürgerbeteiligung
(und andere wie z.B. die lokale Agenda) als Alibiveranstaltung. Wehe die
Bürger kommen zu Ergebnissen, die ihm und seiner Verwaltung nicht passen.
Die Ergebnisse werden ignoriert und die Bürger werden als Laien abqualifiziert.
Im stillen Kämmerlein werden die schon längst beschlossenen Maßnahmen
vorbereitet, der Gemeinderat wird mit Informationen kurz gehalten und
dann überfallartig unter Druck gesetzt, um die Maßnahmen der Verwaltung
rücksichtslos durchzusetzten. Dafür ist die Bürgerbeteiligung Verkehrsentwicklungsplan
nicht das einzige aber das prägnanteste und aktuellste Beispiel. Der im
folgenden geschilderte Verlauf macht dies deutlich.
Die Bürgerbeteiligung wurde mit kürzester Frist angekündigt, um die Anzahl
der Beteiligten zu begrenzen. Trotzdem haben ca. 200 Bürger teilgenommen.
Die Sitzungen wurden so gelegt, daß möglichst wenige Bürger kommen konnten,
z.B. einen Tag nach dem Pferdemarkt. Nur die Stadtverwaltung (und nicht
der Gemeinderat) wurde stets über den Verlauf der Bürgerbeteiligung informiert.
Sie wußte vor und nach jeder Sitzung wie die Stimmungslage war. Die Stadtverwaltung
hat versucht, sich massiv in den Ablauf einzuschalten, Einfluß zu nehmen
und die Ergebnisse in ihrem Sinne zu steuern. Es ging so weit, daß in
einer Abstimmungsitzung der Gruppen eine vorgefertigte Abschlußerklärung
vorgelesen wurde, in der ausgesagt wurde (sinngemäß), dass die Bürger
sich nicht einigen könnten. Sie hatten sich aber erstaunlicherweise und
für die Verwaltung völlig überraschend geeinigt: Auf die langfristige
Vision eines Ringkonzepts, auf welches die kurz- und mittelfristig finanzierbaren
Maßnahmen wie ÖPNV, Fahr- und Radwege Ausbau abgestimmt werden können.
Es herrschte ein breiter Konsens. Das alles war nicht im Sinne der Verwaltung.
Warum? Das weißt leider keiner. Man kann bis heute nur spekulieren.
Seit dieser Zeit versucht die Verwaltung alles, um die Ergebnisse madig
zu machen und die Bürgerbeteiligung von den Gemeinderäten "fernzuhalten".
Diese Taktik fing sofort bei der Präsentation der Ergebnisse am 13.3.00
in der Stadthalle an: Der Gemeinderat war bei der Vorstellung der Ergebnisse
bewusst nicht offiziell von der Verwaltung eingeladen. Einzelne wenige
Gemeinderäte waren trotzdem dort. Wie ging es dann weiter? Natürlich:
Funkstille seitens der Verwaltung. Ohnehin bekamen die Gemeinderäte nicht
alle Unterlagen: nur die sogenannten "offiziellen" Unterlagen, verwässert
und von lästigen Details befreit. (wie z.B. dem Vorschlag, das öde Grundstück
beim Leo2000 als Busbahnhof zu verwenden oder im Ramtel als "Ring" eine
Trasse den Wald entlang zu benutzen). Die Verwaltung hat sorgfältig den
Gemeinderat mit selektierten "Infos" gefüttert und dafür gesorgt, dass
die Sprecher der Bürgerbeteiligung ihre Ausarbeitung nicht dem gesamten
Gemeinderat präsentieren konnten. Es gab nur auf Druck des Gemeinderats
eine relativ kurze Fragerunde in einer April-Sitzung.
Dann war mehr als 2 Monate verräterische Ruhe - es wurde unter Ausschluß
der Öffentlichkeit emsig gearbeitet. Einige Verwaltungsleute hatten kaum
mehr Zeit für andere Aufgaben. Nach außen hin wurde gestreut, daß die
Vorschläge der Bürgerbeteiligung wohl durchkommen würden. Dies diente
jedoch offensichtlich nur dazu, um alle Beteiligte in Sicherheit zu wiegen.
Wie in Leonberg inzwischen leider üblich, wurde dann kurzfristig eine
nicht-öffentliche Sitzung des Gemeinderats am 19.6. anberaumt (d.h. mehr
als 3 Monate nach der Abschlußpräsentation). Überfallartig wurden die
Gemeinderäte mit den "neuen" alten Untersuchungsergebnissen des Büros
Dr.Brenner und Münnich konfrontiert. Die Ergebnisse der Bürgerbeteiligung
wurden mit fadenscheinigen Argumenten als unrealistisch und laienhaft
abgetan, es seien "liebgewonnene Ideen, die leider nicht realisierbar
seien". Solche Aussagen sind nicht nur eine Unverfrorenheit den beteiligten
Bürgern gegenüber sondern vor allem gegenüber den anerkannten Fachleuten,
welche bei der Bürgerbeteiligung aktiv teilgenommen haben. Angesichts
der Unvollständigkeit und der nachgewiesenen sachlichen und methodischen
Mängel der vom Gutachter vorgelegten Papiere sollte man mit solchen Aussagen
vorsichtiger sein - man könnte sich leicht blamieren.
Auf der Grundlage dieser gezielten Desinformation soll der Gemeinderat
nun jetzt in kürzester Zeit eine Entscheidung treffen, die auch noch zukünftige
Generationen von Leonberger Bürger nachhaltig betreffen wird.
Fazit:
Wie die Bürger und der Gemeinderat
von der Verwaltung behandelt wurden, kann kein dem Gemeinwohl und der
Demokratie verpflichteter Stadtrat zulassen. Die Stadträte müssen nun
Farbe bekennen, auch wenn sie das Thema Leid sind und sie es endlich vom
Tisch haben wollen (wofür man Verständnis haben kann).
Zum Glück gibt es zu den Vorschlägen der Verwaltung eine wesentlich bessere
Alternative, nämlich einfach die Vorschläge der Bürgerbeteiligung zu
übernehmen und deren Umsetzung zu beschließen. Dies ist sogar der
einfachste und sicherste Weg, das Problem wirklich vom Tisch bekommen,
da er von den Bürgern getragen wird. Diese Bürger sind sogar bereit und
interessiert, an der Realisierung dieser Vorschläge konstruktiv mitzuwirken
und Interessensgegensätze unter sich fair auszutragen. Was will eigentlich
eine Stadt mehr?
Diese Chance gibt es nur einziges Mal:
am 25.7.2000. Hoffen wir für ganz Leonberg, dass sie genutzt wird.
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