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Notizen über die öffentliche Sitzung des Planungsausschusses des Gemeinderats am 3. November 2005  "Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan 'Leonberg 2020' - Einbringen der Verkehrskonzeption" 

Beginn 16.00 Uhr, Ende ca. 19.00 Uhr. Die "Öffentlichkeit" bestand aus ca. 6 bis 8 Bürgerinnen und Bürgern, von der BiGG Renate Wohlbold, Wolfram Müller und später Ewald Thoma. 

Die Sitzung wurde von Baubürgermeisterin Horn geleitet. Zu Grunde lag die 16-seitige Vorlage des Stadtplanungsamtes, die auch die Gemeinderäte erst unmittelbar vor der Sitzung erhalten hatten. Zu Wort kamen in den ersten nahezu 2 Stunden Prof. Kölz für die Verkehrsplanung, Herr Hellwig für die Landschaftsplanung und die Herren Buff und Schaufelberger zu den städtebaulichen Bewertungskriterien. Sie benutzten in der Regel 3 gleichzeitige Wandprojektionen, von denen sich nur die verwendeten 5 Grobskizzen bei der Vorlage befanden, die zahlreichen Detailpläne und Bilder dagegen nicht. Im Anschluss gab es eine Fragestunde für die Gemeinderäte.  

Die Vorlage enthält für die Lösung der Verkehrsprobleme insgesamt 12 "Netzfälle", von denen die Stadt von vornherein 10 ausschließt. Sie wurden in der Sitzung nicht behandelt. Die Vorlage konzentriert sich vielmehr auf die Lösung durch zwei Tunnelvarianten, nämlich einen "Altstadttunnel-West (Netzfall 5)" und einen "Altstadttunnel-Ost (Netzfall 12)", schließt dann aber auch den Altstadttunnel Ost aus und macht den Beschlussvorschlag, dem Flächennutzungsplanentwurf nur die Variante Altstadttunnel West zu Grunde zu legen. Dieser Beschlussvorschlag wurde am Ende nicht ausdrücklich behandelt.  

Sitzungsverlauf: 

Frau Horn erklärte in der Eröffnung, der heutige Termin diene der Einbringung der Verkehrskonzeption, zur Beschlussfassung müsse es am 17.11.2005 kommen. Die Konzeption werde heute durch die o.e. Fachleute vorgestellt und bewertet. Die Verkehrsplanung sei wesentliche Grundlage für den Flächennutzungsplan. 

Prof. Kölz erläuterte umfangreich die der Verkehrsplanung zugrundeliegenden Einzelheiten.  

Eine großräumige Umfahrung der Stadt im Westen sei im Hinblick auf die weit überwiegenden Ziel- und Quellverkehre nicht sachgerecht. Aus diesem Grunde genüge auch ein kleiner Altstadttunnel, der sinnvollerweise am Hasenbrünnele beginnen müsse. Das mache eine Umfahrung des Haldengebiets mit einer Tangente vor dem Tunnel möglich (wird in einer Planskizze aufgezeigt). 

In rascher Folge wurden die heutigen Verkehrsbelastungen der einzelnen Straßen genannt, von denen ausgegangen wird, und zwar - soweit gefolgt werden konnte - 

            Grabenstraße              28.000

            Eltinger Straße 30 bis 32.000

            Brennerstraße                        16.000

            Gebersheimer Straße 17.000

Die östliche Tunnelvariante habe - bei einem Beginn am Hasenbrünnele - einen Austritt etwa bei der Post. Die Lindenstraße und eine verlängerte Grabenstraße werden in einem Kreisverkehr bei der jetzigen Einmündung der Lindenstraße an die Eltinger Straße angebunden. Für die Eltinger Straße bedeute das eine Verkehrsbelastung von 35 bis 38.000 Fahrzeugen, eine Menge, die der "Stadtfindung" nicht gerecht werde. 

Als "Stadtfindung" wurde von allen Rednern die künftige Stadtplanung bezeichnet, die nach dem Abriss von Gebäuden und ganzen Quartieren eine neue Bebauung, neue Straßenführungen und insbesondere den angestrebten "Boulevard" mit Allee, Fuß- und Radwegen zwischen Altstadt und neuer Stadtmitte vorsieht. Der dort liegende Stadtbereich wurde als "Zwischenstadt" bezeichnet.  

In einem Exkurs wurde ein langer Tunnel bis in die Brennerstraße behandelt mit einem Portal unmittelbar vor dem Neuköllner Platz. Die Realisierung mache große Probleme bei dem mehr als 1km langen Tunnel, ermögliche jedoch eine gerade Stadtrasse. Trotzdem seien beide Varianten nicht Ziel der gegenwärtigen Planung. 

Danach wurde eine Tunnellösung behandelt, die in wesentlichen Teilen, insbesondere beim Südportal mit der Schieleschen Trassenführung (Bypass-Lösung) identisch ist. Der südliche Ausgang oberhalb der Bahnhofstraße ermögliche eine gute Verteilung des Verkehrs, es gebe aber kaum lösbare Probleme mit der Einführung der Stuttgarter Straße und durch die Verdichtung des Verkehrs. 

Geprüft worden seien deshalb auch Optimierungen dieses Vorschlags: 

1. Die Grabenstraße müsse am Südende gerade weitergeführt werden mit einer Anbindung zur Eltinger Straße. Die Verkehrsverdichtung bleibe allerdings.  

2. In einer Kombination mit der zuvor genannten Vorstellung könne der Tunnelverkehr über die Seedammstraße mit einem Knoten bei der Lindenstraße statt an der Bahnhofstraße zur Eltinger Straße geführt werden. Dies bewirke eine Entzerrung des Verkehrs. Eine solche Lösung habe eine sehr deutliche Wirksamkeit, es bleibe aber bei der hohen Zahl von 38.000 Fahrzeugen auf der Eltinger Straße zum Neuköllner Platz. 

Der westliche Altstadttunnel münde in der Senke unterhalb der Altstadt (im Bereich Sailerwiesen / Müllergässle lt. Vorlage). Der Verkehr werde über die Mühlstraße in den Bahnhofsbereich geführt. Wegen des nur schmalen Geländes gebe es Probleme mit Kreisverkehren. Die Rutesheimer Straße werde deshalb gekröpft nach unten geführt und münde etwa in Höhe des Parkplatzes ohne Kreisverkehr in die neue Straßentrasse.  Die Lindenstraße werde zur jetzigen Bahnhofstraße gerade durchgeführt, die Trasse müsse dicht unterhalb des Pomeranzengartens liegen und ebenfalls ohne Kreisverkehr - von der Rutesheimer Straße nordwärts versetzt - in die neue Trasse einmünden. Im Osten werde die Lindenstraße mit einem Kreisverkehr an die Eltinger Straße angebunden, die Bahnhofstraße werde zurückgebaut. Dies bringe eine gute Entflechtung der Verkehre. Wie das alles im Einzelnen aussehen werde, auch wo genau der Tunnelmund liege, sei Gegenstand der weiteren Planung. Auf jeden Fall werde ein anderer Zugang der Rutesheimer Straße im Glemstal erforderlich. Auf das empfindliche ökologische System des Glemstals müsse Rücksicht genommen werden.  

Diese Planung bringe die Chance einer schlankeren Eltinger Straße samt Neuköllner Platz.

Der Westtunnel mit der Trassenführung über die Bahnhofstraße bringe dort allerdings eine hohe Fahrzeugzahl, es werde die höchste der Stadt (!). Er schaffe aber die Option für eine Westumfahrung hinter dem Krankenhaus (wurde später der "Krankenhausbogen" genannt).

Die Gartenstadt habe durch den Westtunnel keine Entlastung. Für den Fall, dass die Gartenstadt entlastet werden soll (?!), habe er optional die Westumfahrung hinter dem Krankenhaus mit Anbindung an die Nordumfahrung Rutesheim vorgesehen, die eine Entlastung vor allem für die Rutesheimer Straße bringe. Eine Andere Variante sei die Durchleitung der Nordumfahrung Rutesheim zur Südrandstraße. Sie bringe eine deutliche Entlastung für die Gebersheimer Straße, nicht aber für die Rutesheimer Straße. 

Am Vorschlag Schiele wurde bemängelt, dass ein Einbahntunnel nur für Pkws und nur in Nordrichtung vorgeschlagen werde. Das habe nur eine geringe städtebauliche Wirkung. Ergänze man notwendigerweise den Vorschlag zu einem Volltunnel für alle Fahrzeuge in beiden Richtungen, sei er teilidentisch mit dem vorgeschlagenen Osttunnel. Der Vorschlag habe aber - wie sein Vorschlag eines Osttunnels - viele Vorteile. Eine Renaturierung der Glems im Bereich Mühlstraße und südwärts sei möglich, die dortigen Freizeiteinrichtungen könnten zum Vorteil der Bürger ausgebaut und ergänzt werden. Weitere Potenziale gebe es auch für die übrigen dortigen Bereiche und auch für die untere Bahnhofstraße.  

In einer Wertung der Vorschläge wird ausgeführt, der Westtunnel führe zu einer zusätzlichen Versiegelung von rund 6000 qm, zum Verlust der Durchgängigkeit des Glemstals und zu einer erheblichen Beeinträchtigung des Erholungsraums Glemstal. Andererseits gebe dieser Tunnel die Chance eines guten Eingangsbereiches zur Altstadt am Hirschbrunnenplatz und schaffe ein besseres Entwicklungspotential im Osten. Möglich seien attraktive Frei- und Aufenthaltsräume in der neuen Zwischenstadt und Grünzüge zwischen Ost und West. Der verbesserte Schiele-Tunnel sei vergleichbar mit dem Osttunnel der Vorlage, nur kürzer. Im Ergebnis habe er die gleichen Probleme wie dieser. Zusätzlich müsse man berücksichtigen, dass parallel zu diesem Tunnel die Grabenstraße liege und viele Autofahrer wohl eher diese als den Tunnel nutzen werden.  

Herr Hellwig machte umfangreiche Ausführungen zur Landschaftsplanung. Im Wesentlichen zeigte er für beide Varianten ein mögliches Grünflächennetz im Bereich der Altstadtkante auf, betonte aber den wichtigen Freiraum Glemstal. Zur Lösung Osttunnel führte er aus, sie habe nur geringe Einwirkungen auf Boden und Wasser, der Tunnelmund sei in das Stadtbild gut integrierbar. Allerdings bringe sie die hohe Verkehrsbelastung von 38.000 Fahrzeugen in der Eltinger Straße. Dafür gebe es aber keine zusätzliche Belastung des Glemstals. Bei einem Westtunnel müsse man prüfen, was im Glemstal machbar sei. Er könne sich einen durchgängigen Glemstal-Radweg noch vorstellen. Es werde aber zahlreiche Probleme wegen der engen Flächen geben.  

Die Herren Schaufelberger und Buff bewerteten nach städtebaulichen Bewertungskriterien abwechselnd und wenig zusammenhängend die Varianten Ost- und Westtunnel. Die Bewertungen werden nachstehend in ihren wesentlichen Teilen der besseren Übersicht wegen zusammengefasst: 

Westtunnel:

Vorteil für die Zwischenstadt, Entwicklungschancen für den westlichen Teil, die Eingriffe und Belastungen für das Glemstal seien gravierend, besondere Rücksicht auf Ökologie und Umwelt seien notwendig (die Bevölkerung der Gartenstadt wurde auch hier nicht erwähnt). 

Osttunnel: In der Qualitätsbewertung gebe es für beide Tunnellösungen keinen großen Unterschied. Allerdings gebe es bei einem Osttunnel keine sinnvolle Lösung für die weitere städtebauliche Entwicklung. Dieses große Ziel sei damit nicht leistbar und nicht erreichbar.

In seiner Zusammenfassung erklärter Herr Buff wörtlich, wichtiges Ziel sei es, "den Verkehr dorthin zu bringen, wo er hin wolle, nämlich zur Stadtmitte" (!). 

Herr Schaufelberger sagte im Anschluss daran, die vorliegenden Stadtentwicklungsvorschläge seien nur mit der Westlösung realisierbar. 

Frau Horn erklärte zum Abschluss der Vorträge, die Stadt sei ganz klar für die Westlösung, sie sei richtig für die Stadt. 

Die anschließende Beratung der Gemeinderäte bestand im Wesentlichen in klarstellenden Fragen.  

Prof. Mauermeier fragte, wie sehr etwa die Westlösung durch die Westumgehung des Krankenhauses eine Entlastung besonders für die Gartenstadt erfahre. Prof. Kölz erklärte, die Entlastung sei evident, das sei gar keine Frage, sie könne aber nicht beziffert werden, da sie bisher nicht untersucht worden sei. Auch die Lage der Westumgehung - die Frage eines anderen Gemeinderats - könne deshalb nur skizzenhaft aufgezeigt werden. Frau Horn erklärte dazu, diese Option sei von der Stadt nicht untersucht worden. Der Flächennutzungsplan müsse 2014 überprüft werden. Dann könne man auf der Grundlage der weiteren Erfahrungen eine Erweiterung beantragen und eine brauchbare Lösung vorschlagen. 

Die Frage nach vergleichenden Kosten für die beiden Tunnelvarianten beantwortete Frau Horn dahingehend, dass gegenwärtig seriöse Zahlen nicht genannt werden können, da im gegenwärtigen Stadium noch keine Berechnungen angestellt worden seien. Beide Tunnels seien etwa gleich lang. Nach Erfahrungen mit Baukosten anderer Tunnels müsse man von etwa 25 bis 30 Mio € ausgehen. Auch die Schiele-Lösung werde einen zweistelligen Millionenbetrag erfordern.  

Zur Frage nach den zusätzlichen Belastungen durch eine Westlösung für die Gartenstadt unter Hinweis auf die jetzt schon bestehenden hohen Verkehrsbelastungen (Dieter Vestner) meinte Prof. Kölz, genaue Zahlen seien bisher nicht errechnet, in der Rutesheimer Straße müsse man wohl mit etwa 1.200 zusätzlichen Fahrzeugen rechnen. Zur zusätzlichen Belastung der Gartenstadt äußerte sich Frau Horn nicht.  

Ein Gemeinderat (Fürst) hielt Frau Horn vor, die Stadt habe früher alle Planungsüberlegungen, im Glemstal Verkehrsbauwerke zu errichten, wegen des dortigen empfindlichen Ökosystems rigoros abgeblockt, mache nun selbst genau das und wolle sogar den Tunnelmund in das Glemstal verlegen. Frau Horn meinte, die Lage des Tunnelmundes liege ja noch nicht fest und ging auf das weitere Problem nicht ein.  

Die Gemeinderäte wünschten zum Ende Ausdrucke der von den Sachverständigen verwendeten Bilder und Folien und erklärten, das Ergebnis müsse jetzt in den Fraktionen beraten werden.  

Wolfram Müller

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