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Bericht über die Sitzung des Planungsausschusses vom Donnerstag, 8.5.08
Verfasser: Ewald Thoma

1. Ausgangssituation

Die Situation ist wie folgt.

  • die Verwaltung hat die weitere Planung des Tunnels stark vorangetrieben
     

  • insgesamt 3 Gutachter haben  folgende Themen bearbeitet:

  • Verkehrliche Aspekte mit Schwerpunkt  ’westlicher Ausgang des Tunnels’ (Büro Kölz)

  • Tunnelbau einschließlich Kostenabschätzung (Büros Bettina Wittke-Schmidt und Achim Bechert)
     

  • Der Beschlussvorschlag der Verwaltung sieht vor, die weitere Planung im Detail voranzutreiben und sich bei den übergeordneten Stellen nach Investitionszuschüssen zu bemühen

2. Verkehrliche Aspekte

Die Gestaltung des westlichen Tunnelausgangs stellt sich als ziemlich schwierig heraus. Kölz hat verschiedene Varianten untersucht. Als Favorit stellte er zwei  Varianten dar, die sich nur geringfügig unterscheiden. Der Tunnelmund soll bei beiden Varianten weiter ins Glemstal verlegt werden und unmittelbar nach dem Ausgang des Tunnels ein großer Kreisel gebaut werden. Der Erhalt der Clausenmühle ist dadurch definitiv nicht möglich. Die weitere Verkehrsführung erfolgt von dort aus ‚gabelförmig’ über die Rutesheimer Straße in Richtung Innenstadt sowie in Richtung Krankenhaus/Rutesheim und über die Mühlstraße am Bahnhof vorbei. Die Mühlstraße muss dazu etwas verbreitert werden. Dies soll in nördlicher Richtung geschehen (dortiger Gehweg (Schulweg!) müsste schmaler werden). Die Verkehrsmengen in der Mühlstraße, der Rutesheimer Straße und der Gebersheimer Straße nehmen dadurch erheblich zu.  Für die Mühlstraße würde sich der Lärm um ca. 6-8 db(a) erhöhen. Dort wäre nur passiver Lärmschutz möglich (also Lärmschutzfenster). Angaben über die zusätzliche Lärmbelastung der anderen Straßen wurden nicht gemacht. Ebenso gab es keinerlei Aussage zur Schadstoffbelastung.

Fazit/Wertung:
Hr. Kölz stellte das ganze als problemlos machbar dar. Die wirklichen Probleme wie z.B. die Schadstoffe werden einfach ignoriert.   

3. Tunnelbau

Der Tunnel wird ca. 900 m lang und wird in einer leichten Kurve geführt. Er könnte eigentlich kürzer sein, aber die Steigung ist dann problematisch. Bei 900 m Länge wäre die Steigung durchgehend 2 %. Dadurch könnte für die Belüftung der Kamineffekt ausreichend sein, d.h. die Luft würde auf natürlichem Weg in Richtung östlicher Ausgang ‚gesogen’. Allerdings müsste aus Brandschutzgründen trotzdem eine aufwendige Lüftung eingebaut werden. Als Option ist ein Anschluss der Parkkaverne möglich. Die Lüftung ist generell noch nicht hinreichend untersucht. Dazu müsste eine eigenes Gutachten erstellt werden. Der Bau des Tunnels müsse fast durchgehend bergmännisch erfolgen.  Für die Beurteilung des zu durchzudringenden Gesteins beruft sich der Gutachter ausschließlich auf Bohrungen anlässlich des Baus der Parkkaverne.  Danach besteht das Gestein zu einem Teil aus anhydritführendem Gispkeuper. Dieses Gestein ist sehr problematisch und hat bekanntlich z.B. beim Engelbergtunnel zu erheblichen Kostensteigerungen geführt.  Die Gutachterin beruhigte jedoch die Gemeinderäte damit, dass sie die Probleme beim Engelbergtunnel ausschließlich auf die nicht sachgemäße Bauausführung zurückführte. Die Bauleute hätten beim Bau des Tunnels mit Wasser gearbeitet, dadurch sei das Gestein gequollen. Würde man trocken arbeiten, wären keine Probleme zu erwarten.

Fazit/Wertung:
Der Tunnel ist aufgrund seiner großen Länge, seiner Steigung und des Gesteins ‚grenzwertig’. Die Lüftung könnte ein erhebliches Problem darstellen und ziemlich teuer werden. Die Baurisiken sind enorm (Gestein und Gefährdung der Altstadt).      

4. Kosten

Die Gutachter nannten reine Baukosten von 45 Mio € für den Tunnel, die beiden Kreisel und die zusätzliche Zufahrtstraße am Ostausgang in Richtung Höfingen. Auf Nachfrage durch die Gemeinderäte stellte sich heraus, dass erhebliche Kosten dabei nicht enthalten sind, so z.B.

  • die Planungskosten (ca. 4% mehr)

  • die Grunderwerbskosten (die Clausenmühle müsste umgesiedelt werden)

  • Umweltfolgekosten (Ausgleichsmaßnahmen, Lärmschutz usw.)

  • Kosten für den Ausbau der bestehenden Zufahrtstraßen

Für unvorhergesehene Risiken sind 5% kalkuliert – eine lächerlich kleine Zahl angesichts der hohen Baurisiken. Zu den Betriebskosten wurde keine Angabe gemacht – auch nicht auf explizite Nachfrage von Kurt Vestner. Begründung durch Frau Horn: Auf der Basis des derzeitigen Planungsstands sei die Spanne des möglichen Betrags noch zu unsicher. Frau Horn rechnet des weiteren derzeit mit Zuschüssen durch Land/Bund nach dem GVFG in Höhe von ca. 50%. Sie machte allerdings den Gemeinderäten Hoffnung, weitere Fördertöpfe anbohren zu können.

Fazit/Wertung:
Die Zahlen sind nicht belastbar bzw. viel zu optimistisch.  Insbesondere Betriebskosten könnten so hoch werden, dass sich dies Leonberg finanziell überhaupt nicht leisten kann.  Das ist wohl der Grund dafür, das man keine Zahl genannt hat. 

5.  Schadstoffsituation

Als eigener TOP ohne Bezug zum Altstadttunnel wurde ein so genannter ‚Zwischenbericht über die Immissionsmessungen in Leonberg’ dem Gemeinderat zur Kenntnis gegeben. Anlaß dazu war der Bericht der LUBW über unserer Schadstoffmessungen in der Rutesheimer Straße.  Frau Horn stellte den Bericht als ‚Zwischenergebnis’ dar und zog die ‚Vergleichbarkeit’ der dargestellten Messungen in Zweifel. Hr. Murschel (GABL) hat dann allerdings auf den Zusammenhang mit den Planungen des Altstadttunnels und das offensichtliche Planungshindernis hingewiesen. Hr. Geisel (Verwaltung) hat eine Entgegnung versucht, die aber keiner so richtig verstanden hat.  

Fazit/Wertung:

Die Verwaltung hat derzeit keine Antwort und versucht das Problem einfach zu ignorieren bzw. die Messergebnisse in Zweifel zu ziehen. Eine Rücksprache bei der LUBW ergab, dass die Stadtverwaltung diesbezüglich keinen Kontakt mit der LUBW gehabt hat. Der Bericht ist definitiv nicht vorläufig sondern endgültig und er ist fachlich nicht angreifbar.   

6.  ‚Mobilitätskonzept’

Entsprechend des Gemeinderatsbeschlusses vom Juli 2007 darf die Verwaltung nicht nur die Tunnelplanung vorantreiben sondern muss auch zwingend ein Alternativkonzept vorlegen, um die Verkehrssituation auch ohne Tunnel zu verbessern (‚Doppelbeschluss’, ‚Junktim’). Nur unter dieser Bedingung fand sich letztes Jahr überhaupt eine Mehrheit für den Tunnel. Dieses Thema war daher auch Gegenstand der Aussprache im Planungsauschuss. Die Verwaltung hat zwischenzeitlich auch einen Zeitplan für die Erarbeitung eines solchen sogenannten ‚Mobilitätskonzepts’ vorgelegt. 

Insbesondere Hr. Stolle von der SPD, aber auch Hr. Murschel von der GABL wiesen darauf explitzit hin und deuteten auch an, dass es Sinn machen könnte, die weitere Tunnelplanung zunächst nicht voranzutreiben, sondern eine Denkpause einzulegen. Zumindest sollte aber das Mobilitätskonzept den gleichen Stellenwert wie die weitere Tunnelplanung erhalten. Es könnte auch sinnvoll sein, die bevorstehenden Veränderungen im Verkehrssystem von Leonberg durch den Westanschluss abzuwarten.   

Fazit/Wertung:
Nach den Vorstellungen der Verwaltung soll das Mobilitätskonzept bisher sehr stark darauf ausgerichtet werden, lediglich den Individualverkehr ‚flüssiger’ zu machen. Die ursprüngliche Intension eines umfassenden ‚Alternativkonzepts zum Tunnel’ ist wohl nicht die Absicht. Es soll wohl nur als ‚Alibi’ dienen, um den Gemeinderat ruhig zu stellen und die Mehrheit zu erhalten.  

7. Eindruck der Stimmung bei den Gemeinderäten

Die Stimmung war nicht gerade euphorisch. Die Kosten sind wohl höher als erwartet und stellen bei der Leonberger Haushaltssituation das Vorhaben von vornherein in Frage. Es gibt eine Hardliner-Fraktion ‚Pro Tunnel’, hauptsächlich aus den Reihen der FWV (Dieter Vestner und Hr. Schaal). Sie verweisen darauf, dass in Leonberg endlich etwas geschehen müsse. Motto: Augen zu und durch. Die CDU ist sich nicht einig. Hr. Blume bezeichnete den Tunnel z.B. als Blödsinn, welchen er niemals unterstützen würde. Er verwies stattdessen auf eine westliche Umgehung als Alternative.  Hr. Grupp(CDU) ist anscheinend auch das Schicksal der Clausenmühle nicht gleichgültig. Er fragte danach, ob schon mit der Familie Bolay gesprochen worden sei. Frau Horn bestätigte dies und signalisierte Gesprächsbereitschaft bei der Familie. Die GABL (Hr. Murschel) ist natürlich weiter gegen den Tunnel. Zum Hr. Stolle (SPD) siehe oben. Die FDP (Hr. Maurmaier) ist weiterhin für den Tunnel. Somit gibt es derzeit im Gemeinderat nach wie vor keine wirklich stabile Mehrheit für den Tunnel. Es besteht zumindest die Chance, die weiteren Planungen zunächst zu stoppen.   

8. Zeitplan

Am 19.6.2008 wird der Planungsausschuss entscheiden. Am 24.6.2008 dann der Gemeinderat

 

 

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