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Tunnel: Es geht um die ganze Stadt
 
Von Thomas K. Slotwinski

In welch einem Dilemma die Leonberger Verkehrspolitiker stecken, das wurde im städtischen Planungsausschuss überdeutlich: Die Stadträte kapitulierten vor der Frage, ob sie einen Altstadttunnel wollen, vor allem aber vor dem Problem, wo der denn enden könnte. Denn im Grunde geht es in der aktuellen Diskussion gar nicht mehr so um das ob, sondern vielmehr um das wie. Dass etwas passieren muss, um den täglichen Verkehrskollaps zwischen Feuerbacher und Leonberger Straße zu beenden, ist seit Jahrzehnten klar. Ein Altstadttunnel ist eine Lösungsoption. Gewiss nicht die beste, stellt sie so oder so einen erheblichen Eingriff in die Landschaft dar. Aber der Tunnel ist eine Möglichkeit, die wir nicht ohne Not preisgeben dürfen.

Gewiss: Niemand weiß, was in zehn oder gar 20 Jahren ist. Doch es steht nicht zu hoffen, dass der Verkehr geringer wird. Nicht unbedingt, weil jeder ein Auto braucht, die meisten aber eines wollen. Solch einer Situation muss die Verkehrspolitik Rechnung tragen. Viel zu lange ist in Leonberg nur geredet und nicht gehandelt worden. Würden aber am Dienstag die Tunnelpläne endgültig beerdigt, ginge das Herumgeeiere in der Verkehrspolitik weiter - zu Lasten tausender lärm- und abgasgeplagter Anwohner.

Ein positives Tunnelvotum bedeutet freilich nicht, dass morgen die Bagger anrollen. Aber zumindest sind dann die Weichen gestellt. Ist der Erkenntnisstand in einigen Jahren ein anderer, so kann die Entscheidung aus dem Jahr 2007 problemlos korrigiert werden. Umgekehrt geht das nicht so ohne Weiteres.

Bleibt dann noch der umstrittene Ausgang der Röhre. Die Verfechter eines Standorts oberhalb der Bendelkreuzung führen gewichtige Gründe für diesen und gegen den westlich, im Tal, gelegenen Tunnelmund an. Aber ein Argument können sie nicht entkräften: Der Verkehr würde via Lindenstraße direkt auf die Eltinger Straße zulaufen. Aber genau hier soll der angestrebte Brückenschlag zwischen Alt- und Neustadt gezogen werden. Die Eltinger Straße soll zum Boulevard werden, auf dem Fußgänger Priorität genießen. Natürlich: Ein westlicher Tunnelmund würde das Glemstal tangieren. Aber Inge Horn hat Recht: In diesem Bereich ist die Glems kein romantischer Wildbach. Dort steht eine Obdachlosenunterkunft, verläuft die Zufahrt ins Industriegebiet. Hier kann es nur besser werden.

Und die dortigen Anwohner? Die haben mit deutlich mehr Verkehr zu rechnen, das bestreitet niemand. Doch genau darum geht es der Stadt ja: Die Belastungen sollen, wenn sie schon nicht ganz abgestellt werden können, wenigstens gerechter verteilt werden. Das ist keine gute Lösung, aber gesamtstädtisch gesehen eine fairere. Und während Bürgerinitiativen ihre Partikularinteressen im Auge haben, sind der Oberbürgermeister und auch die Baubürgermeisterin der gesamten Stadt verpflichtet. Insofern handeln Bernhard Schuler und Inge Horn konsequent, wenn sie für den westlichen Tunnelmund werben. Auch der Gemeinderat muss im Sinne von ganz Leonberg agieren. Er ist kein Stadtteilparlament. Das sollten all jene Stadträte bedenken, die momentan von den jeweiligen Interessenvertretern bedrängt werden.

Es gibt natürlich noch einen anderen Ausweg: Wir alle steigen von heute an auf Bus, Bahn und Fahrrad um. Dann brauchen wir keinen Altstadttunnel

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