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Pressemitteilung der Bürgervereine und Bürgerinitiativen 

Gartenstadt, Ezach und Haldengebiet Leonberg  

 

Die Situation

Wir stellen fest, dass die Leonberger Gemeinderäte erneut unter extremen zeitlichen Druck gesetzt werden: ihre Entscheidung zum Leonberger Altstadttunnel soll schon am 24. Juli 2007 im Gemeinderat fallen. Da es sich um eine Entscheidung von enormer Tragweite und Bedeutung für die Entwicklung Leonbergs handelt, sind wir der Meinung, dass diese extrem knapp bemessene Zeit keinesfalls ausreicht, eine fundierte Lösung zu finden. 

Der Zeitdruck wird begründet mit der Aussage, dass die Wüstenrotgebäude im Sommer 2008 abgerissen werden, und die Stadt im Herbst 2007 einen Wettbewerb von Stadtplanungsbüros beginnen lassen will. Hierzu ist zu sagen, dass es unseren Informationen zufolge noch keineswegs sicher ist, dass die Gebäude im Sommer 2008 dem Erdboden gleichgemacht werden. Unabhängig davon darf eine sinnvolle Stadtplanung nicht über’s Knie gebrochen werden, vor allem in diesem ungeheuer bedeutenden Fall für Leonberg. Es muss zuerst die Überlegung angestellt werden, welche Maßnahmen zur Verkehrsentlastung, nicht nur der Verkehrsverlagerung, möglich sind. Die beste Lage des Tunnelmundes ist sorgfältig zu untersuchen, da diese Entscheidung alle weiteren Planungen wesentlich beeinflusst.

Das von der Verwaltung vorgelegte Konzept basiert auf unzureichenden Untersuchungen, städtebauliche und Verkehrsaspekte sind nicht genügend berücksichtigt. Vor allem die Umweltauswirkungen sind nicht in die Abwägungen eingegangen. Die vorliegenden Verkehrsprognosen widersprechen früheren Werten zum Teil deutlich. 

Eine Besonderheit und eine sofort umsetzbare Variante  

Die Planskizze B des Konzeptes zeigt kurz vor dem Austritt des Tunnels einen unnötigen Knick und bringt so den zugehörigen Kreisverkehr direkt vor das JKG. Da auch im Beschlussvorschlag eine Variante C (Tunnelaustritt östlich der „Bendel-Kreuzung“) zwar erwähnt wird, aber gleichzeitig das Ausscheiden aus den Planungsvarianten, lässt es den Verdacht aufkommen, dass die von der Verwaltung gegebene Zusage, dass auch ein Tunnelaustritt etwas östlich der Bendelkreuzung im Planungskorridor liege, gebrochen wird. Ein Kreisverkehr in unmittelbarer Nähe zum JKG ist keinesfalls im Sinne unseres Vorschlags. 

Bemerkenswert: Alle Machbarkeitspläne aus der Vorlage zum Altstadttunnel zeigen in der Nähe der Bendel-Kreuzung einen Kreisverkehr. Wir halten diesen Standort, etwas nach Osten verschoben, für geeignet, die Zwischenstadt zu erschließen, und die ganze Reihe positiver Wirkungen sofort zu erzielen, bis hin zur flüssigeren Verkehrsführung. Falls jemals ein Tunnel gebaut würde, wovon wir nicht überzeugt sind, und den wir im Grund ablehnen, wäre die Fläche für den dann ebenfalls notwendigen Verkehrsverteiler freigehalten. Es würde also ausreichen, die Fläche des Kreisverkehrs an der Bendel-Kreuzung so zu planen , dass ggf..  eine Tunnel  angebunden werden kann. Die  Lage des Tunnelmundes muss somit heute nicht festgelegt werden

Die Planungsunterlagen  

Undurchsichtige Beweggründe bringen eine ständige Favorisierung des Glemstaltunnels mit sich, ohne die offenkundigen Problematiken und Unverträglichkeiten auf ökologischem, geologischem und verkehrstechnischem Gebiet ausreichend zu würdigen. Wir empfinden völliges Unverständnis für das verbissene Festhalten des Büros Kölz an der Tunnelvariante im Glemstal. Gleichzeitig wird die nahe der Bendel-Kreuzung gelegene Alternative mit schwachen Argumenten abgewertet, was auf Voreingenommenheit und mangelnde Analysebereitschaft schließen lässt. 

Es wird auf die topografisch schwierige Lage im Bereich des Stadtumbaugebiets verwiesen, während die ungleich problematischere topografische Lage nahe der Glems unerwähnt bleibt.
Was bedeutet ein „sensibler Umgang mit der bestehenden Stadtstruktur im Bereich der Mühlstraße“, wenn diese Häuser im Weg stehen? Dass die Verlagerung des Tunnelaustritts A (Glemstal) in Richtung Osten (A2) die historische Stadt- und Schlossansicht entscheidend beeinträchtigt, wird mit keinem Wort erwähnt. 

Seit mehr als einem Jahr warten wir auf eine fundierte Einschätzung der Umweltauswirkungen eines Altstadttunnels insbesondere bezüglich der Schadstoffbelastung und des Lärms als Bestandteil des Flächennutzungplanes. Und dies, obwohl die Stadt Leonberg mit der Luftqualität bekanntlich ein großes Problem hat (siehe die aktuellen Debatten über die Maßnahmen des Lufttreinhalteplans, u.a. die Schadstoffplakette) Es liegt nicht einmal eine erste Einschätzung dazu vor!   

Weiterhin tut die Vorlage tut so, als würde Geld keine Rolle spielen. Es gibt auch keinerlei Einschätzung über die vermutlich unterschiedlichen Kosten der vorgestellten Varianten.  Dabei ist gerade in der Leonberger Finanzsituation mit spitzer Feder zu rechnen. 

Die Vorlage ist somit in wichtigen Punkten unvollständig und nicht entscheidungsreif.

 

Die Alternativen

Siehe Planskizzen A1, A2, B und B2 (Hallig); Bilder 5, 10, 1, 3, 7, 8, 3

 

Die Argumente

Der Standort ca. 100 m östlich der Bendelkreuzung (s.Foto und Skizze B2), vorweg markiert durch einen Kreisverkehr, weist durchweg Vorteile gegenüber allen anderen Varianten auf:

  1. Die Erschließung der Zwischenstadt durch einen Verkehrsknoten wird gefördert. Die Freistellung der Altstadtsilhouette wird nicht beeinträchtigt.
  2. Diese Tunnellage ist geeignet, den Ziel- und Quellverkehr auf kürzestem Weg aufzunehmen
  3. Die Feuerbacher- und Grabenstraße werden noch wirkungsvoller entlastet
  4. Überregionaler und regionaler Verkehr wird kaum angezogen
  5. Der Verkehr wird nicht zu Wohngebieten verlagert
  6. Günstige Schadstoffwerte durch geringe Steigung und kürzere Strecke
  7. Rutesheimer-, Bahnhof- und Lindenstraße werden zentral angebunden
  8. Anbindung der Hanggarage bzw. Parkkaverne möglich, zumindest für Notausgänge
  9. Die Bushaltestelle am JKG kann bedarfsgerecht ausgebaut werden
  10. Der Verkehr wird vom Schulgelände entfernt, dadurch weniger Lärm- und Schadstoffbelastung
  11. Das Glemstal erfährt keine zusätzliche Belastung und Beeinträchtigung als Naherholungsgebiet
  12. Der neue Verkehrsknoten lässt sich sofort nach Abriss eines Gebäudeteils des Wüstenrotareals erstellen und führt sofort zu einer besseren Verkehrsführung

Bis auf eine etwas weniger starke Entlastung der Lindenstraße und der südlichen Eltinger Straße sprechen keine Argumente für den Glemstaltunnel (Varianten A):

 

  1. Regional und Fernverkehr wird angezogen
    - aus Richtung des neuen Westanschlusses
    - aus Richtung Rutesheim und Hinteramt (siehe neue Nordumfahrung Rutesheim)
    - aus Richtung eines potentiellen künftigen AB-Anschlusses Ditzingen-Süd

  2. Im Stadtgebiet von Leonberg wird somit der Verkehr insgesamt zunehmen. Und dies nicht nur bei Staus auf der Autobahn, sondern bei ganz normalem Verkehr. Die Folgen auf die Gesamtstadt wären verheerend. Z.B. der Luftreinhalteplan würde zur Farce

  3. Gewachsene Wohngebiete werden massiv beeinträchtigt

  4. Der Bahnhof wäre nur für wenige Fahrzeuge das Ziel, die weitaus meisten würden lediglich daran vorbeifahren. In erster Linie ist der Bahnhof ein Ziel des ÖPNV, des Rad- und Fußgängerverkehrs. Für hohe zusätzlichen Verkehrsmengen reichen Straße und Platz bei weitem nicht aus; eine Erweiterung dürfte schwierig sein.  

  5. Der Glemstaltunnel ist länger und muss eine größere Steigung überwinden. Die Fortführung über die Mühlstrasse/Bahnhofsstraße ist baulich schwierig, beide Straßen sind viel zu schmal, sodass vermutlich einige Gebäude abgerissen werden müssten(nicht nur die Clausenmühle). Die Erweiterung in einem bebauten Gebiet treibt die Kosten erfahrungsgemäß hoch.

  6. Die gewachsenen Wohngebiete sind bei einem Glemstaltunnel vor Lärm und Schadstoffen nicht effektiv schützbar. Es ist viel einfacher, Anwohner eines neu planbaren Gebiet vor Lärm und Abgasen zu schützen.

  7. Die höhere Belastung der Lindenstraße (Varianten B) ist erheblich besser verkraftbar als die extrem hohe zusätzliche Belastung (ca. 200%!) der Mühlstraße und Bahnhofstraße sowie die zusätzliche Belastung der Rutesheimer und Gebersheimer Straße bei den Varianten A.

Chancen und Risiken, Folgen für Leonberg                        

Wir sehen die Chance, einer Entlastung der Feuerbacher und Grabenstraße, Entwicklung der Zwischenstadt und Aufwertung der Stadtmitte. Die Risken bestehen vor allem darin, dass die besondere Lage Leonbergs im Autobahndreieck zwischen den Anschlussstellen Ost, West, evtl. Ditzingen-Süd und Nordumfahrung Rutesheim durch eine Verkehrsplanung, die vorrangig regionale Interessen berücksichtigt, zu einer reinen Verkehrsdrehscheibe für Ausweich- und Abkürzungsverkehr entwickelt wird.  Ein Tunnel, der nicht besonders auf den Ziel- und Quellverkehr zugeschnitten ist, lässt dessen Akzeptanz vermissen und verfehlt deshalb das Ziel. 

Außerdem weisen wir eindringlich nochmals im Detail darauf hin, dass der Standort im Glemstal nicht hinreichend untersucht ist und dass hohe Risiken daher nicht abgewogen  wurden:  


Bezug: Drucksache vom 28.6.2007 

Untersuchungen zu Umweltauswirkungen fehlen vollständig!
Einzelne EU-Grenzwerte werden am Austritt des Tunnelmundes und bei den weiterführenden Straßen mit hoher Wahrscheinlichkeit bereits heute überschritten. Dies wird durch aktuelle Messungen bestätigt. Insbesondere bei den beiden Varianten A 1 und A2 liegen die betroffenen Straßen in gewachsenen Wohngebieten. Die Anwohner können daher vor der zu hohen Schadstoffbelastung nicht geschützt werden. Dadurch sind diese Varianten nicht genehmigungsfähig. Die Nichtbeachtung dieses Sachverhalts birgt daher ein hohes Risiko einer Fehlplanung. Die Vorlage der Verwaltung ist daher in einem wichtigen Punkt nicht entscheidungsreif. Wir befinden uns diesbezüglich in Übereinstimmung mit dem Regierungspräsidium (siehe auch Brief des Arbeitskreises Immissionen der Lokalen Agenda 21)

Zur kleinklimatischen Lage am geplanten Tunnelmund an der Clausenmühle die Einschätzung des Klimagutachtens Seitz aus den Neunziger Jahren. Dieses Gutachten liegt der Stadt vor:

„Das Glemstal zwischen Gebersheimer Straße und Rutesheimer Straße zeichnet sich ähnlich wie die talabwärts gelegenen Teilgebiete (Clausenmühle, Felsensägmühle) durch unzureichende Belüftungsverhältnisse aus. Zwar ergeben sich über das Lohlenbachtal klimaökologische Positiveffekte, doch steht der enge, gewundene Talverlauf einer weiterreichenden Aktivierung des bodennahen Luftaustausches entgegen. Südwestliche Regionalströmungen wie sie über den Hochlagen des Stadtgebiets zu registrieren sind, können bei austauscharmen Strahlungswetterlagen infolge der stabilen Luftschichtung nicht in den Talraum eingreifen.
 

Zu beachten sind noch folgende überörtliche Entwicklungen: 

  • Für den neuen Anschluss Ditzingen-Süd, dessen Planungen zielstrebig vorankommen, und den bald fertig gestellten Anschluss Leonberg-West stellt der Glemstal-Tunnel aufgrund seiner Tangenten-Eignung eine ideale Abkürzungs- bzw. Umgehungslösung  des Autobahn-Dreiecks dar (mautfrei).
  • Für den Verkehr aus Richtung Rutesheim/Hinteramt stellt der Glemstaltunnel eine attraktive zusätzliche Durchfahrtsverbindung durch das Stadtgebiet von Leonberg dar. 
  • Die Gewerbeflächen in Sindelfingen/Böblingen wachsen kräftig (Flugfeld), auch dadurch werden die Verkehrsströme über die bisher verbreiteten Prognosen hinaus zunehmen.
  • Die Planung und der Ausbau der B 464 und B 295 von Sindelfingen bis zum Westanschluss Leonberg zeigt exemplarisch, wie Bevölkerung und Gemeinden gezielt hinters Licht geführt werden: Zunächst hieß es, diese Bundesstraßen würden nach dem Ausbau keinen Abkürzungsverkehr anziehen, weil eine größere Anzahl von Ampelkreuzungen geplant sei. Jetzt heißt es, dass auf einer solch vorzüglich ausgebauten Straße natürlich keine Ampel den Verkehrsfluss behindern dürfe. Und wie ist zu beurteilen, dass eine Brücke plötzlich um 5 Meter(!) breiter gebaut wurde. Riesige Kreuzungsbauwerke entstehen und nicht nur Renninger Gemeinderäte sind höchst erstaunt über die vorher nicht ersichtliche Dimension.

Falls eine Tunnelvariante überhaupt benötigt wird, sprechen sich die Bürgervereine im Leonberger  Westen und Süden eindeutig für die Lage der Tunnelöffnung etwas östlich der Bendelkreuzung aus, da der Verkehr näher an die Stadtmitte und von dort weg geführt wird (Ziel- und Quellverkehr) mit einer wesentlich besseren Akzeptanz und ökologischen Bilanz gegenüber den alternativen Standorten.

 

BIGG, gez. Ewald Thoma

Bürgerverein Ezach, gez. Reinhard Siegfarth

HAL.L.I.G – Haldengebiet Leonberg Initiativ-Gemeinschaft, gez. Werner Reinhold

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